Das erste Flugauto — Zukunftsvision wird Wirklichkeit

Stock photo’s of the PAL-V Liberty at the headquarters of PAL-V

Das erste Flugauto — Zukunftsvision wird Wirklichkeit

Was vor einiger Zeit noch wie Science-Fiction erschien, ist heute mittlerweile technisch längst keine Fantasievorstellung mehr. Nächstes Jahr möchte das niederländische Unternehmen PAL-V das erste Flugauto an ihre Kunden ausliefern, Vorbestellungen sind bereits möglich.

PAL-V, stehend für Personal Air and Land Vehicle, hat ein Tragschrauber entwickelt, welcher für zwei Personen angedacht ist und je nach Beladung 400–500 Kilometer Flugstrecke mit einer Geschwindigkeit von 180 km/h zurücklegen kann. Das Flugzeug soll jedoch nicht nur in der Luft verwendet werden, sondern auch auf der Straße. Das Multifunktionsfahrzeug braucht ca. 5 Minuten, um die Rotoren auszufahren und vom Fahrmodus in den Flugmodus zu wechseln und eine Startstrecke von mehr als 300 Metern, zum Landen hingegen nur 30 Meter.
Zielgruppe sind vor allem vermögende Unternehmer, welche von einem Termin zum nächsten hetzen. Denn das Flugauto ist mit einer maximalen Gepäcklast von 20kg nicht für große Urlaubsreisen ausgelegt und zum anderen hat es auch einen stolzen Preis. Der Kaufpreis für die günstigere Liberty Sport Edition liegt bei 300.000€. Die Liberty Pioneer Edition, welche auf 90 Fahrzeuge limitiert und zunächst ausschließlich verfügbar ist, beziffert eine halbe Millionen Euro. Hinzukommt noch die notwendige Privatpilotenlizenz. Vorteil für die Kunden gegenüber einem Helikopter sei der 8-mal günstigere Unterhalt sowie das Fluggefühl eines Sportflugzeugs, so Marketingchef von PAL-V Markus Hess. Nach zwei Jahrzenten Entwicklungsprozess sollen die Fahrzeuge nun voraussichtlich Ende 2019 zugelassen werden.

Wenn PAL-V tatsächlich als erstes Unternehmen ein Flugauto auf den Markt bringen möchte, muss es sich ranhalten, denn auch das mittlerweile von der Volvo-Muttergesellschaft Geely übernommene Unternehmen Terrafugia strebt an 2019 ihr Flugauto „The Transition“ auszuliefern. Auch eine slowakische Firma möchte das sogenannte AeroMobil 4.0 zum Verkauf anbieten, jedoch erst ab 2020 soweit eine Zertifizierung durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit erfolgreich war. Der Erstflug des AeroMobils ist in Kürze geplant, jedoch ist der Prototyp der vorigen Version 2015 abgestürzt, somit lässt sich schwer einschätzen, ob die neue Version tatsächlich vielversprechend ist. Vorteil der beiden Wettbewerbsmitstreiter sind eine größere Reichweite, höhere Gepäcklast sowie ein schnellerer Moduswechsel. Allerdings ist bei diesen auch mit einem noch höheren Preis zu rechnen.

Die Zukunftsaussicht auf ein einfaches Abheben, wann und wo immer man möchte, wie man es von Filmen gewohnt ist, ist jedoch utopisch. Gesetzgebung und Richtlinien geben vor, dass ein Flugauto nur von einem Flugplatz aus starten darf, der Flug eine viertel Stunde vor Start bei der Luftaufsicht angemeldet werden muss und der Pilot zusätzlich noch ca. 15 Minuten für einen Preflight-Check in Form eines Flugzeug-Rundgangs einplanen muss. Simon Bendrey, Chefingenieur von AeroMobil, meint: „Wir brauchen keine neuen Regeln. Es entspricht den derzeit geltenden Verkehrs- und Luftfahrtregeln.“ Dennoch könnten viele Hersteller an den strengen Regulierungen des Luftraums, aber auch an den Zulassungsbestimmungen für die Straße scheitern. Es gibt noch keine guten rechtlichen Voraussetzungen für die neue Form des Individualverkehrs, sodass dessen Markteinführung und Etablierung erschwert wird. Ob Flugautos tatsächlich eine glänzende Zukunft haben, kommt somit nicht durch die technischen Schwierigkeiten ins Wanken, sondern vor allem durch die gesetzlichen Einschränkungen. Egal unter welchen Bedingungen der Hybrid auf den Markt kommt, es wird zunächst kein Fortbewegungsmittel für die Masse sein, sondern in erster Linie für die Oberschicht. Die Nachfrage sei aber, laut Hess, definitiv da. Bereits jetzt lägen Bestellungen für die nächsten zwei Produktionsjahre vor. Auch viele private Investoren und das niederländische Wirtschaftsministerium glauben an PAL-V und sorgen für dessen Finanzierung.

Ob sich die Entwicklungsbemühungen letztendlich bewähren und die Flugautos langfristig Anklang finden, ist abzuwarten. Dennoch ist die Markteinführung des neuen Verkehrsmittels trotz Zulassungsherausforderungen keine Frage des „ob“ mehr, sondern des „wann“.